Bei
Vollalarm fuhr ich zum Bunker vom Kentroperweg, Ecke Adolfstrasse mit
dem Fahrrad. Das Gedränge vor dem Eingang war noch nicht sehr gross.
Ordnungsmannschaften habe ich weder vor dem Bunker noch an den Eingängen
gesehen. Ich bin in aller Ruhe bis zum Ende der Stufen des nach unten
führenden Eingangs gekommen, als durch das einsetzende Flakfeuer ein
lautes Schreien zu hören war und die dann herbeiströmende aufgeregte
Menge von etwa 100 bis 150 Personen die Bunkereingänge zu erreichen
suchte und nun von beiden Seiten einen derartigen Druck auf die in dem
unteren Teil der Treppe stehenden ausübte, dass sie förmlich
zusammengepresst wurden. Schon nach ganz kurzer Zeit liessen Frauen als
auch Männer infolge Atemnot, die durch diese gewaltige Pressung
hervorgerufen wurde, den Kopf hängen und verloren das Bewusstsein.
Fallen konnte niemand. Das Erreichen des Bunkereinganges war unter
diesen Umständen unmöglich . Ich habe immer wieder versucht, die auf
den oberen Treppen stehenden Männer als auch Frauen zur Einsicht zu
bringen und die Volksmenge aufzulockern, mit dem Hinweis, dass die
Frauen bereits erstickt seien. Die Folge war aber, dass mir zugerufen
wurde. „ Wir wollen in den Bunker !“ und der Druck verstärkte sich
dadurch. Ich habe mit allen Kräften die auf der Treppe in meinem Rücken
drückende Menge zurückzustemmen versucht. Dass wurde aber durch den
Gegendruck der anderen Treppe wieder aufgehoben. Während der Druck auf
die Leute in den Treppen nur einseitig war und durch die verschiedenen
Höhen sich nicht in dem starken Masse auswirkte, steigerte sich der
beiderseitige Druck auf die Personen der unteren Plattform derart, dass
sie keine Atemmöglichkeit durch Ausdehnung des Brustkorbes hatten.
Schätzungsweise bin ich etwa 10 Minuten diesem Druck ausgesetzt
gewesen, ohne atmen zu können und ohne Bewusstsein. Als ich aufwachte,
sah ich die vorher in meiner Nähe Stehenden vor dem Bunker tot auf dem
Boden liegen. Ich habe mich dann ohne Hilfe vom Bunker entfernt und bin
auf dem Fahrrad zu meiner Wohnung gefahren. Während der Zeit, als ich
dem gewaltigen Druck ausgesetzt war und das Bewusstsein noch hatte, war
mir klar, dass es unter diesen Umständen Tote geben musste. Die Gründe
zu dem sich dort abgespielten Vorgang lagen:
1.) in
der zu raschen Aufeinanderfolge von Luftwarnung und Vollalarm und
dem unmittelbar einsetzenden Flakfeuer und Bombenabwurf.
2.) in
der baulichen Fehlkonstruktion des Einganges. Die geradlienig
aufeinander zuführenden Treppenstufen zu einem seitlich sich befindenden
engen Eingang führen schon bei geringem Andrang zur Stauung.
3.)
in dem Versagen des Ordnungsdienstes.
gez.: Walter Orth |