Der Hardinghauser Knapp ist benannt
nach dem Hof Hardinghaus, der an der Mansfelderstraße gelegen ist.
Der Hof war ursprünglich ein Lehen der Grafen von der Mark und seit
1480 bis zur Bauernbefreiung 1851 Besitz des Nordenstifts in
Hamm.1912 kaufte die Mansfelder Gewerkschaft den Hof, den sie für
den Bau einer Zechensiedlung benötigte. Der bisherige Besitzer,
Theodor Melchior Hardinghaus, blieb jedoch als Pächter auf seinem
Hof. 1928 wurde dann auf der Höhe des Hardinghauser Knapp, durch den
Hammer Architekten Karl Wibbe, eine katholische Kirche erbaut. Das
Grundstück hatte die Zechenverwaltung zur Verfügung gestellt.
1923 wurde dann die Josefschule an der
Hardinghausstr. fertig gestellt. Es war eine achtklassige
Volksschule, in der vier katholische Klassen in der Ostseite und
vier evangelische Klassen in der Westseite untergebracht waren. Die
vom Architekten Fischer 1916 gebaute Notschule, war als Turnhalle
vorgesehen, wurde jedoch bis 1928 von der kath. Josefs-Gemeinde als
Notkirche genutzt. Meine Mutter besuchte ab 1916 die Notschule.
Bilder habe ich vom Schulbesuch. Ab 1928 konnte sie als Turnhalle
benutzt werden.
In der neuen Schule ging es bald sehr
turbulent zu. In den ersten Jahren der Weimarer-Republik forderten
viele Eltern aus der Kolonie, dem neuen Schulgesetz zu folgen und
eine konfessionslose Schule zu errichten. Also wurde die weltliche
Schule in einer Baracke eingerichtet. die in unmittelbarer Nähe,
schräg gegenüber der Schule, aufgestellt wurde. Dieses erfolgreich
gestartete Schulexperiment wurde allerdings 1933 durch die
Nationalsozialisten beendet. Die Josefsschule wurde als kath.
Volksschule betrieben. Inzwischen war auf dem Bockelweg eine
evangelische Volksschule errichtet worden.
Von der Zeche Sachsen wurde dann in den
1930er Jahren ein Barackenlager am Hardinghauser Knapp aufgestellt.
Das Lager lag an der Münsterstr. links neben dem Gelände der St.
Josefskirche und erstreckte sich bis zum Hof Hardinghaus. Es sollte
als Unterkunft für Jungarbeiter der Zeche dienen, die noch ledig
waren. Darum wurde auch eine Kantine errichtet, in der die jungen
Bergmänner essen konnten. In den dann folgenden Kriegsjahren wurden
diese Baracken umfunktioniert und beherbergten Kriegsgefangene, vor
allem aus Russland, die auf der Zeche Sachsen Zwangsarbeit
verrichten mussten. Nach dem Ende des zweiten Weltkrieges wurden nun
die Baracken als Wohnungen, vor allem für Flüchtlinge aus den
Deutschen Ostgebieten dringend benötigt. So gab es dann in Heessen
vor allem die Unterkünfte am ehemaligen Schießstand der Wehrmacht,
in der ehemaligen Kaserne in der heutigen ,.Neuen Heimat", in den
Nissenhütten am Neuen Kamp und auf dem Gelände des Luftschachtes am
Schacht drei.
Von dem Lager am Hardinghauser Knapp
bekamen die meisten Heessener Bürger nicht viel zu hören. Es lag
geschützt am nördlichen Rande des Knapps in Richtung Münster und die
Bewohner machten nicht viel von sich reden. Wie lange die Baracken
dort noch standen, kann ich nicht sagen. Ende der 1950er Jahre habe
ich sie noch dort gesehen. 1961 habe ich Heessen zur
Berufsausbildung in Münster verlassen. Danach war ich nur noch
sporadisch in Heessen zu Besuch bei meinen Eltern in der
Rosa-Luxemburg-Straße.
In diesem Jahr (2014) dann die
Überraschung. Per E-Mail meldete sich Herr Hans Krützmann, aus
Eschlikon in der Schweiz bei mir. Über den Heimatverein Heessen
hatte er meine Adresse bekommen. Er berichtete mir von seiner Jugend
in dem Lager am Hardinghauser Knapp, in dem er mit seinen Eltern
gewohnt hatte. Herr Krützmann hat mir dann die nachfolgenden Bilder
aus dem damaligen Lager gesandt. Meines Wissens nach handelt es sich
um die einzigen Fotoaufnahmen die von dem Lager existieren. Dafür
schulde ich und die Heessener Bürger Herrn Krützmann herzlichen
Dank.
Natürlich hatte ich nun noch eine ganze
Menge Fragen an Herrn Krützmann. Wo war er geboren? Wie hatte es ihn
nach Heessen verschlagen und wie kam es, dass er nun in der Schweiz
lebte? Es entwickelte sich nun ein äußert netter und informativer
E-Mail-Verkehr zwischen Eschlikon und Hamm. Diesen Dialog wollte ich
eigentlich beschreiben, kam dann aber zu der Erkenntnis, dass die
Lebensgeschichte des Herrn Krützmann und die damalige Zeit nicht
besser zu beschreiben ist, als die E-Mails aufzuzeichnen. Darum
nachfolgend im Original die Mails. Natürlich hat Herr Krützmann von
mir Heessener Fotos und eine Seite von Facebook "Heessen von A-Z"
erhalten, da das Echo auf ein Lagerbild, welches ich bei Facebook
gepostet hatte, ihn auch interessierte. So konnte ich also wieder
ein Stück Heessener-Heimatgeschichte aufzeichnen und hoffe, es
melden sich noch anderen Bürger mit Berichten aus alten Zeiten.
|